9.950 Kilometer – 20 Länder. Vom Nordmeer bis zum Schwarzen Meer führt der Iron Curtain Trail als EuroVelo 13 quer durch Europa – immer entlang des einstigen Eisernen Vorhangs. Michael Cramer, Mitglied des Europäischen Parlaments, ergriff zu Beginn des Jahrtausends die Initiative und brachte in Brüssel den Vorschlag ein, einen Radweg entlang des ehemaligen Grenzstreifens zu schaffen, der die einstige Teilung des europäischen Kontinents erfahrbar machen soll. Im Jahr 2005 beschloss schließlich das Europäische Parlament, dieses beispielhafte Projekt zu unterstützen. Der Ausarbeitung einer Route stand somit nichts mehr im Wege.
Iron Curtain Trail das Projekt
Aufgrund der Erfahrungen im Zuge der Wanderung entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze erhielt Marco Bertram den Auftrag, im Herbst 2005 die Etappe durch Deutschland auszuarbeiten. Gemeinsam mit einem Begleiter fuhr Marco von Nord nach Süd den Streckenverlauf ab und fertigte Fotos und Notizen an.
Als Folgeprojekt durfte Marco Bertram im Herbst 2006 den möglichen Routenverlauf von Horgos an der ungarisch-serbischen Grenze bis zum Schwarzen Meer ausarbeiten. Im September 2006 startete er gemeinsam mit Karsten Höft in Szeged und arbeitete sich Stück für Stück in Richtung Süden / Südwesten vor. Über Kikinda und Vrsac ging es zunächst auf serbischem Territorium bis nach Bela Crkva, dort ging es rüber nach Rumänien, um wenig später dem Verlauf der Donau bis kurz vor Drobeta Turnu Severin zu folgen. Im Gegensatz zu Deutschland (Elbe-Radweg, Werra-Radweg) konnte auf dem Balkan zunächst auf keine bestehenden Radwege zurückgegriffen werden. Ausgewählt wurden möglichst ruhige Landstraßen in jeweiliger Grenznähe.
Bei Kladovo wurde wieder die rumänisch-serbische Grenze passiert, und es ging über Negotin, Zajecar, Knjazevac und Pirot ins serbische Dimitrovgrad, wo wiederum eine Grenze passiert und Bulgarien erreicht wurden. In Kjustendil wurde schließlich eine weitere Hauptetappe abgeschlossen und das Foto- und Textmaterial nach Deutschland gebracht. Einen Monat später fuhr Marco Bertram gemeinsam mit einem weiteren Begleiter mit dem Auto von Berlin aus nach Bulgarien, um in Kjustendil wieder anzuknüpfen. Mit Fahrrad und Begleitfahrzeug ging es zunächst nach Mazedonien und anschließend nördlich der bulgarisch-griechischen Grenze durch teils sehr entlegene Ecken in Richtung Osten. Bei Svilengrad wurde ein Abschnitt durch Griechenland eingebaut, am Fluss Meric Nehri erfolgte das überaus spannende Passieren der griechisch-türkischen Grenze. Die türkische Stadt Edirne bildete einer der Höhepunkte der südlichen Abschnitte des Iron Curtain Trails.
Als größte Herausforderung der damaligen Ausarbeitung der möglichen Route galt im Herbst 2006 der türkische Abschnitt. In der überaus einsamen Grenzregion wurde eine erste Routenvariante nach Kirklareli ausgearbeitet, weiter östlich wurde bei Dereköy und Malko Tarnovo die türkisch-bulgarische Grenze überquert, um abschließend die letzten Kilometer bis zur Schwarzmeerküste bei Zarevo zurückzulegen.
In der Folgezeit wurden die angefertigten Fotos bearbeitet und Textbausteine verfasst. Im Frühjahr 2009 folgte für Marco Bertram ein weiterer Auftrag. Überarbeitet und abgefahren werden sollten die Etappen von der deutsch-tschechischen Grenze bei As bis Horgos an der serbisch-ungarischen Grenze. Mit Fahrrad und Begleitfahrzeug wurde die Route entlang der deutsch-tschechischen, der österreichisch-tschechischen, der slowakisch-österreichischen, der ungarisch-österreichischen, der slowenisch-ungarischen, der kroatisch-ungarischen und der serbisch-ungarischen Grenze konzipiert. Sopron nahe des Neusiedler Sees und der Abstecher ins kroatische Vukovar zählten hierbei zu den beeindruckendsten Punkten. Bei Szeged und Horgos erfolgte schließlich der Lückenschluss, und das gesammelte Material konnte an Michael Cramer übergeben werden.
In Kombination mit dem von den anderen Autoren / Radfahrern erstellten Material von den Etappen vom Nordmeer bis zur deutschen Ostseeküste konnte Michael Cramer schließlich die erste Auflage der jeweiligen Radwanderführer fertigstellen und in den Druck geben. Verständlich ist, dass die anfangs konzipierten Routen nicht den Endstand darstellten. Wie bereits erwähnt, konnte vor allem auf dem Balkan weitgehend nur auf Straßen zurückgegriffen werden. Bis man vom Nordmeer bis zum Schwarzen Meer nur auf eigens eingerichteten Radwegen ungestört radeln kann, wird noch eine ganze Weile dauern.
Auf der offiziellen Webseite von EuroVelo können aktuelle Informationen über den EuroVelo 13 eingeholt werden. So sind die einzelnen Abschnitte farblich markiert in: „Certified EuroVelo Route“, „Developed route with EuroVelo signs“, „Developed route“, „Route under development“ und „Route at the planning stage“. Erkennbar ist unter anderen auch, dass es zwischen den bulgarischen Ortschaften Kulata und Ilindin inzwischen eine weitere Etappe auf griechischem Territorium gibt. Eine Übergangslösung wurde auch an der Donau gefunden, wo aktuell auf rumänischer Seite nur eine recht befahrene Straße zur Verfügung steht.
Bemerkenswert: Der Iron Curtain Trail ist als EuroVelo 13 einer von insgesamt 17 Radfernwegen des insgesamt rund 90.000 Kilometer langen Netzwerks. Einer der Ziele der EuroVelo-Initiative ist die Schaffung von qualitativ sehr hochwertigen Radrouten in allen Ländern Europas. In Zusammenarbeit der Staaten sollen die Standards vereinheitlicht werden. Entlang der Ostseeküste ist die Route des Iron Curtain Trails identisch mit der des EuroVelo 10 (Ostseeküsten-Route). An der Donau stößt der ICT indes auf den EuroVelo 6 (Atlantik – Schwarzes Meer).
Mag jeder der 19 Radfernwege seinen ganz eigenen Reiz haben, so hat der Iron Curtain Trail aufgrund des historischen Hintergrundes eine absolute Ausnahmestellung. Als Einstieg zum ersten Anschnuppern bietet sich in jedem Fall die Route entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze an. Einzelne Abschnitte bieten sich hierbei als Tagestouren an, und die Anzahl der Grenzmuseen und Gedenkstätten ist hier besonders groß.
Interessante Links (Weitere im oberen Text):
Facebook-Seite Iron Curtain Trail
Wikipedia Seite EuroVelo13
Webseite Euro Velo13
Dia Vorträge
Im Anschluss der Wanderung entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze konzipierte Marco Bertram einen Diavortrag, den er an verschiedenen Orten des Landes hielt. Heute bietet er auf Anfrage Multimedia Vorträge zum Mauerweg, innerdeutsche Grenze und Iron Curtain Trail an.